Verlauf eines Bußgeldverfahrens

Der Verlauf des „normalen“ Bußgeldverfahrens, das nach einer Ordnungswidrigkeit eingeleitet wird, gestaltet sich wie folgt:

1. Ermittlungsverfahren

Sobald Polizei oder Bußgeldbehörde den Verdacht erlangt haben, es sei eine Ordnungswidrigkeit (OWi) begangen worden, wird einer von beiden ein Ermittlungsverfahren einleiten.

2. Anhörung des Betroffenen

Im Bußgeldverfahren erfolgt die Anhörung des Betroffenen (des verdächtigten „Täters“) in der Regel schriftlich.

3. Erlass des Bußgeldbescheids

Sobald der Bußgeldbescheid erlassen und zugestellt worden ist, hat der Betroffene maximal 14 Kalendertage Zeit, sich zu überlegen, ob er Einspruch einlegen will.

4. Einspruch des Betroffenen

Gegen einen Bußgeldbescheid legt man Einspruch ein, indem man schreibt: „Hiermit lege ich gegen den Bußgeldbescheid vom …, Aktenzeichen …, Einspruch ein.“

5. Abgabe an die Staatsanwaltschaft

Die Abgabe des Verfahrens an die Staatsanwaltschaft ist eine Formalie.

6. Weiterleitung an das zuständige Amtsgericht

Die Staatsanwaltschaft leitet die Akten sodann dem Amtsgericht zu.

7. Hauptverhandlung

Das Amtsgericht lädt den Betroffenen zur Hauptverhandlung, das ist die öffentliche und mündliche Verhandlung vor Gericht.

8. Urteil des Amtsgerichts

Es gibt drei Möglichkeiten, wie das Urteil „Im Namen des Volkes“ ausfallen kann.

9. Rechtsbeschwerde

Bei einer Verurteilung zu einer Geldbuße von mehr als 250 € (und in einigen anderen Fällen, z. B. bei der Anordnung eines Fahrverbots) kann man gegen das Urteil des Amtsgerichts Rechtsbeschwerde zum Oberlandesgericht einlegen.

10. Entscheidung des Oberlandesgerichts

Das Oberlandesgericht (OLG) entscheidet über die Rechtsbeschwerde im „schriftlichen Verfahren“.

Bis zu welchem dieser einzelnen Abschnitte das Verfahren geführt wird, hängt natürlich davon ab, was der Betroffene oder die zuständigen Behörden tun. Wird zum Beispiel Einspruch gegen den Bußgeldbescheid nicht eingelegt, wird dieser rechtskräftig und das Verfahren endet bei Nr. 3. Das Gleiche geschieht, wenn der Betroffene in der mündlichen Verhandlung den Einspruch zurück nimmt: dann ist das Verfahren bei Nr. 7 zu Ende.

Hinweis: Genau zu beachten sind von allen Beteiligten stets besondere Fristen. So hat nicht nur der Betroffene z. B. die 2-Wochen-Frist zur Einlegung des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid zu beachten. Wenn die Bußgeldbehörde mal eine Frist verpasst, kann auch der Betroffene einfach mal Glück haben. Stichwort: Verjährung

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Ermittlungsverfahren

Sobald Polizei oder Bußgeldbehörde den Verdacht erlangt haben, es sei eine Ordnungswidrigkeit (OWi) begangen worden, wird ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. In diesem wird zunächst geprüft, wer die OWi begangen hat und ob sich der Verdacht gegen eine bestimmte Person erhärtet.

So werden z. B. Auskünfte eingeholt (Meldestellen, Kraftfahrtbundesamt Flensburg, Zeugenaussagen etc.). Ergibt sich ein hinreichender Tatverdacht gegen eine bestimmte Person nicht, wird das Verfahren eingestellt. Anderenfalls kommt es zu einer Anhörung des Betroffenen (des „Täters“).

Anhörung

Im Bußgeldverfahren erfolgt die Anhörung des Betroffenen in der Regel schriftlich. Das heißt, dass der Betroffene von der Polizei oder der Bußgeldbehörde ein mit „Anhörung“ überschriebenes Schreiben erhält. Bereits mit dem Absenden des Anhörungsschreibens unterbricht die Bußgeldbehörde die 3-monatige Verjährung, d. h. die Verjährungsfrist von 3 Monaten beginnt neu zu laufen. (Ob das Anhörungsschreiben beim Betroffenen tatsächlich ankommt, ist unerheblich.)

Ob es klug ist, sich im Rahmen der Anhörung zur Tat zu äußern, ist von Fall zu Fall verschieden. In der Regel – und vor allem in Verkehrsunfallsachen!! – sollte man von seinem Recht Gebrauch machen zu schweigen. Wieso das denn?

Auch in dieser Phase des Verfahrens kann die Behörde noch das Bußgeldverfahren einstellen. Wenn sie es nicht tut, erlässt sie einen Bußgeldbescheid und stellt ihn dem Betroffenen zu.

Recht zu schweigen

Die wichtigste und grundlegendste Regel im Umgang mit der Polizei lautet immer: Sagen Sie zur Sache niemals auch nur ein einziges Wort – es sei denn, Sie kommen unzweifelhaft nur als Zeuge in Frage.

Geben Sie nicht früher als unbedingt nötig Ihre Verteidigungsstrategie preis! Halten Sie sich zurück! Lassen Sie sich erst die Waffen Ihres Gegners (z. B. die Beweise der Bußgeldbehörde) zeigen, bevor Sie überlegen, was Sie dem entgegen zu setzen haben! Halten Sie sich Optionen offen! Wenn Ihr Gegner weiß, wie Sie sich verteidigen, wird er sich darauf einstellen.

Übrigens: Zur Sache gar nichts zu sagen, kann und darf man nicht zu Ihren Lasten werten. Aber zur Sache ein bisschen, aber nicht alles, zu sagen, kann und darf als s. g. „beredtes Schweigen“ zu Ihren Ungunsten ausgelegt werden.

Hinweis: Sofern Sie einen Rechtsanwalt mit Ihrer Verteidigung beauftragen, kann dieser Akteneinsicht nehmen und Sie anschließend beraten, wie Sie sich verhalten sollen, insbesondere ob Sie sich zur Sache äußern sollen oder nicht.

Bußgeldbescheid

„Bußgeldbescheid“ und „Anhörung“ werden oft verwechselt. Zwischen beiden gibt es zwei wesentliche Unterschiede:

1. Auf eine Anhörung muss der Betroffene nicht reagieren. Auf einen Bußgeldbescheid muss er es, wenn er ihn nicht akzeptieren möchte.

2. Die Anhörung wird mit einfacher Post versandt. Der Bußgeldbescheid hingegen wird zugestellt (d. h. in einem gelben Briefumschlag durch Übergabe durch den Postboten oder durch Einwurf in den Briefkasten).

Sobald dem Betroffenen der Bußgeldbescheid zugestellt worden ist, hat er maximal 14 Kalendertage Zeit, sich zu überlegen, was er tut. Wenn er den Bußgeldbescheid akzeptiert, wird er keinen Einspruch einlegen. Dann wird der Bußgeldbescheid 14 Tage nach Zustellung rechtskräftig und vollstreckbar. Wenn der Betroffene den Bußgeldbescheid nicht akzeptieren will, legt er Einspruch ein.

Achtung! Einen einmal rechtskräftigen Bußgeldbescheid doch noch anzufechten, ist nur dann möglich, wenn der Betroffene überzeugend darlegen und glaubhaft machen kann, dass es ihm absolut und objektiv unmöglich war, die Einspruchs-Frist einzuhalten (Aufenthalt auf Intensivstation, Urlaub im Ausland etc.).

Einspruch

Gegen einen Bußgeldbescheid legt man Einspruch ein, indem man der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ein Schreiben zuschickt, in welchem mindestens steht: „Hiermit lege ich gegen den Bußgeldbescheid vom …, Aktenzeichen …, Einspruch ein.“ Selbstverständlich kann man den Einspruch auch noch begründen. Notwendig ist dies jedoch nicht.

Ob es klug ist, den Einspruch zu begründen oder nicht, ist eine Frage des Einzelfalls. In der Regel – und vor allem in Verkehrsunfallsachen!! – sollte man auch in dieser Phase des Verfahrens noch von seinem Recht Gebrauch machen zu schweigen.

Der Einspruch kann mit einfacher Post versandt werden. Wichtig ist nur, dass die 2-Wochen-Frist beachtet wird. D. h., allerspätestens mit Ablauf des 14. Tages nach Zustellung des Bußgeldbescheids muss der Einspruch bei der Bußgeldbehörde eingegangen sein.

(Daher gibt es bei allen Bußgeldbehörden einen Nachtbriefkasten, in den man noch rechtzeitig seinen Einspruch bis Punkt 24.00 Uhr einwerfen kann.) Der Tag der Zustellung wird bei den 14 Tagen nicht mitgezählt. Ein Beispiel…

Nach Eingang des Einspruchs kann die Bußgeldbehörde das Verfahren immer noch einstellen; tut sie es nicht, gibt sie die Akte an die Staatsanwaltschaft ab.

Einspruchsfrist (Beispiel)

Ein Beispiel zur 2-Wochen- Einspruchs-Frist: Der Postbote, der Ihnen am Freitag, dem 17. April, den Bußgeldbescheid überreichen will, trifft Sie nicht an. Sie sind verreist. Er wirft den gelben Brief in Ihren Briefkasten.

Am Sonntag, dem 26. April, kommen Sie von Ihrer Reise zurück und finden den gelben Brief. Erst am Sonnabend, dem 2. Mai, geben Sie Ihren Brief mit dem Einspruch in den Briefkasten. Am Montag, dem 4. Mai, geht er bei der Bußgeldbehörde ein. Haben Sie die Frist gewahrt?

Die 2-Wochen-Frist wird so berechnet: Die Frist beginnt hier am Freitag, dem 17. April. Denn es ist völlig egal, ob Sie zu Hause waren oder nicht oder ob Sie verreist waren. Es zählt nur der Tag des Einwurfs des Briefs in den Briefkasten. (Da dies immer wieder übersehen wird, noch mal: Es zählt nur der Tag des Einwurfs in den Briefkasten!) 2 Wochen sind 14 Tage. Das heißt, die Frist endet mit Ablauf des 14. Tages danach, also am Freitag, dem 1. Mai, um 24:00 Uhr. Dies bedeutet eigentlich, dass Sie die Frist verpasst hätten, wenn Ihr Einspruch erst am Montag, dem 4. Mai, bei der Behörde eingeht.

Aber es gibt eine Ausnahme: Wenn der letzte Tag der Frist auf einen Sonnabend, Sonntag und Feiertag fällt, verschiebt sich das Fristende auf den nächsten Werktag, 24:00 Uhr. Da der 1. Mai ein Feiertag, der 2. Mai ein Sonnabend und der 3. Mai ein Sonntag ist, endet die Frist am Montag, dem 4. Mai, um 24:00 Uhr.

Sie haben also die Frist gewahrt. Dies war aber sehr riskant von Ihnen, denn Sie hätten nicht darauf vertrauen dürfen, dass Ihr am Sonnabend in den Briefkasten geworfenes Schreiben schon am Montag ankommt. Wäre es erst am Dienstag, den 5. Mai, angekommen, hätten Sie die Frist unwiderruflich verpasst. Ein „Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand“ hätte keine Chance. Auf der sicheren Seite wären Sie daher nur gewesen, wenn Sie das Einspruchs- Schreiben zusätzlich vorab per Fax übersandt oder eigenhändig in den Nachtbriefkasten der Bußgeldbehörde eingeworfen hätten.

Abgabe des Verfahrens

Die Abgabe des Verfahrens an die Staatsanwaltschaft ist eine Formalie. In der Regel reicht die Staatsanwaltschaft die Akte sogleich an das zuständige Amtsgericht weiter. Das zuständige Amtsgericht ist das Gericht, in dessen Bezirk die Ordnungswidrigkeit begangen wurde.

Das heißt: Wenn Sie in Rostock wohnen, aber in München „geblitzt“ wurden, wird die Sache vor dem Amtsgericht München verhandelt. Dies wird Sie in der Überlegung beeinflussen, ob Sie es tatsächlich auf eine Gerichtsverhandlung ankommen lassen wollen, denn wer will schon wegen eines Bußgeldes von 35 € nach München reisen?

Weiter ans Amtsgericht

„Das Amtsgericht“ heißt im Folgenden immer: der/die für dieses konkrete Verfahren zuständige Richter/Richterin am zuständigen Amtsgericht. In Bußgeldsachen entscheidet stets nur ein einziger Richter, dennoch spricht man von „dem Gericht“. Nach der Abgabe der Sache an das Amtsgericht prüft der Richter, ob der Bußgeldbescheid rechtens ist. Wenn der Richter meint, es sei alles mit rechten Dingen zugegangen, wird er den Betroffenen und eventuelle Zeugen zur Hauptverhandlung laden.

Spätestens jetzt sollte sich der Betroffene überlegen, ob er seinen Einspruch aufrechterhalten will. Denn die Kosten, die z. B. durch die Anreise der Zeugen entstehen, muss der Betroffene auch dann tragen, wenn er den Einspruch in der Hauptverhandlung zurücknimmt, um sich so wenigstens die Urteilsgebühr zu sparen. Will der Betroffene den Einspruch aufrechterhalten, ist es jetzt auch allerhöchste Zeit, sich zu überlegen, ob ein Rechtsanwalt eingeschaltet werden soll.

Ausnahme: Eine mündliche Verhandlung findet dann nicht statt, wenn das Gericht sie für nicht erforderlich hält und wenn die Staatsanwaltschaft und der Betroffene hiermit einverstanden sind. Dann bestimmt das Gericht nicht durch ein „öffentlich gesprochenes“ Urteil, sondern durch einen „still und leise geschriebenen“ Beschluss, ob und wie die Ordnungswidrigkeit des Betroffenen zu ahnden ist.

Hauptverhandlung

Zur Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht muss der Betroffene erscheinen, wenn er von dieser Pflicht nicht ausdrücklich entbunden worden ist. Ist der Betroffene von seiner Anwesenheitspflicht entbunden worden, kann er sich trotzdem vertreten lassen, z. B. durch seinen Rechtsanwalt. Ist der Betroffene nicht von der Pflicht zu erscheinen entbunden worden, wird ohne mündliche Verhandlung sofort ein Urteil zu Lasten des Betroffenen gesprochen.

Stellt der Richter in der Verhandlung das Verfahren nicht von sich aus ein oder stellt er einen Freispruch nicht in Aussicht, wird der Betroffene hier eine letzte Chance haben, den Einspruch zurück zu nehmen. Durch eine Rücknahme des Einspruchs erspart er sich wenigstens die Urteilsgebühr (nicht jedoch die Kosten der Zeugen), und der Richter erspart sich eine umfangreiche schriftliche Urteilsbegründung.

Wird das Verfahren nicht eingestellt und nimmt der Betroffenen seinen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid nicht zurück, hat er das letzte Wort, bevor der Richter nach kurzer Überlegung das Urteil verkündet.

Verfahrenseinstellung

Sofern der Richter der Meinung ist, dass der Vorwurf nicht schwer wiegt, kann er das Verfahren einstellen.

In der Praxis wird hiervon oftmals dann Gebrauch gemacht, wenn sich herausstellt, dass weitere Zeugen gehört werden müssen oder wenn die Schuld des Betroffenen fraglich ist.

Stellt der Richter das Verfahren ein, so entscheidet er auch zugleich nach freiem Ermessen, ob der Betroffene seine Auslagen selbst zu tragen hat oder ob hierfür die Staatskasse aufkommt. Diese Frage ist für den Betroffenen vor allem hinsichtlich der Rechtsanwaltskosten von Bedeutung, wenn es eine Rechtsschutzversicherung nicht gibt.

Urteil des Amtsgerichts

Es gibt drei Möglichkeiten, wie das Urteil ausfallen kann:

• Entweder wird der Betroffene freigesprochen (ohne Rechtsanwalt eher selten).

• Oder der Betroffene wird wegen der ihm vorgeworfenen Ordnungswidrigkeit verurteilt (Geldbuße, Fahrverbot etc.). Dabei kann die Verurteilung gegenüber dem Bußgeldbescheid auch günstiger oder ungünstiger ausfallen; der Richter ist an den Bußgeldbescheid nicht gebunden.

• Oder es wird – wenn der Betroffene unentschuldigt fehlt – der Einspruch gegen den Bußgeldbescheid verworfen, so dass dieser rechtskräftig wird.

Zugleich mit dem Urteil wird auch darüber entschieden, wer die Kosten des Verfahrens zu tragen hat.

Gleich, ob der Betroffene anwesend ist oder nicht: Die Urteilsformel wird verlesen; die Begründung folgt in der Regel in freier Rede. Einige Tage oder Wochen später wird dem Betroffenen das schriftliche Urteil nebst Begründung zugestellt. Sofern das Urteil mit der Rechtsbeschwerde angefochten werden kann, wird der Betroffene hierüber und wie dies zu geschehen hat, im Urteil belehrt. Ist das Urteil nicht anfechtbar, ist es rechtskräftig und vollstreckbar geworden.

Kosten des Verfahrens

Wird der Betroffene freigesprochen, so hat die Staatskasse dessen Auslagen (insbesondere dessen Rechtsanwaltskosten) zu tragen. Wird der Betroffene verurteilt, so werden ihm auch die Kosten des Verfahrens auferlegt, seine eigenen Auslagen hat er ebenfalls selbst zu tragen. Sofern der Betroffene im Besitz einer Rechtsschutzversicherung ist, muss er sich hierüber keine Gedanken machen.

Rechtsbeschwerde

Die Rechtsbeschwerde in Bußgeldverfahren ist das Gegenstück zur Revision in Strafsachen. Sie ist – anders als die Revision – jedoch nur in wenigen Ausnahmefällen überhaupt zulässig, so z. B.

• wenn der Betroffene zu einer Geldbuße von mehr als 250 € oder einem Fahrverbot verurteilt worden ist oder
• wenn der Betroffene ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss verurteilt worden ist, ohne diesem Verfahren zugestimmt zu haben, oder
• wenn die Rechtsbeschwerde vom Amtsgericht zugelassen wird.

Die Rechtsbeschwerde kann nur durch Erklärung gegenüber der Geschäftsstelle des Amtsgerichts (praktisch sehr selten) oder durch einen Rechtsanwalt eingelegt und begründet werden. Auch bei der Rechtsbeschwerde sind bestimmte sehr kurze Fristen unbedingt einzuhalten; hierüber wird der Betroffene zusammen mit dem Urteil belehrt.

Darum: Entschließt sich der Betroffene erst jetzt dazu, einen Rechtsanwalt einzuschalten, so sollte er dies sofort tun. Denn tut er es nicht, wird das Urteil eine Woche nach seiner Bekanntgabe an den Betroffenen rechtskräftig.

Entscheidung OLG

Sofern das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde für zulässig und begründet erachtet, wird es das Urteil des Amtsgerichts aufheben und den Betroffenen entweder freisprechen oder die Sache an das Amtsgericht zu neuer Entscheidung zurück verweisen.

Anderenfalls wird es die Rechtsbeschwerde verwerfen mit der Folge, dass das Urteil des Amtsgerichts bestandskräftig bleibt und rechtskräftig wird.

Ausnahme: Äußerst selten kommt es vor, dass das Oberlandesgericht, wenn es von der Rechtsauffassung eines anderen Oberlandesgerichts abweichen will, die Sache dem Bundesgerichtshof vorlegt mit der Frage, welche Rechtsauffassung die richtige sein soll.

Verjährung

Die Verjährungsvorschriften des Ordnungswidrigkeitsrecht sind tückisch – und zwar für beide Seiten. Aber sie sind nicht nur tückisch, sondern auch reichlich kompliziert. Daher hier nur so viel:

1. Mit der Tat beginnt zuerst eine 3-Monats-Verjährungs-Frist zu laufen. Endet diese, ohne dass sich die zuständige Behörde gerührt hat, ist der Betroffene „aus dem Schneider“.

2. Sobald die Verjährung einmal unterbrochen wird, beginnt sie neu zu laufen. Ein häufiger Fall der Unterbrechung ist das Absenden eines Anhörungsschreibens an den Betroffenen. Mit dem Absenden der Anhörung geht die 3-Monats- Frist von vorne los.

3. Zu beachten ist aber, dass sich die Unterbrechungshandlung nur für den Betroffenen ungünstig auswirkt, auf den sie sich bezieht. Das heißt: Die Anhörung des A unterbricht nicht die Verjährung gegenüber B.

4. Mit Erlass (nicht Zustellung!) des Bußgeldbescheids beginnt nicht nur eine neue Frist von vorn zu laufen. Die Verjährungsfrist beträgt von diesem Zeitpunkt an auch noch 6 Monate, nicht mehr 3 Monate.

5. Auch diese Frist beginnt neu zu laufen, wenn sie zwischendurch unterbrochen wird. Ein typischer Fall der Unterbrechung ist die Ladung des Betroffenen zur Hauptverhandlung.

6. Egal, welche Fristen wie oft unterbrochen wurden: Nach insgesamt 2 Jahren ist Schluss. Wenn bis dahin ein Urteil nicht gesprochen wurde, ist die Sache für den Betroffenen ausgestanden.

Hier ein Beispiel zum Thema Verjährung…

Beispiel Verjährung

Hier ein Beispiel zu diesen 6 Punkten, die beim Thema „Verjährung“ immer wieder eine Rolle spielen:

1. Eine am 6. Februar 2015 begangene Ordnungswidrigkeit verjährt mit Ablauf des 5. Mai 2015, wenn die Behörde sich bis dahin nicht gerührt hat. Welche Wochentage der 6. Februar oder 5. Mai 2015 sind, ist unerheblich.

2. Eine noch am 4. Mai 2015 versandte Anhörung lässt die Ordnungswidrigkeit nunmehr erst mit Ablauf des 3. August 2015 verjähren, auch wenn das Anhörungsschreiben erst am 7. Mai 2015 oder gar nicht angekommen ist.

3. Wird der Halter A des Kfz zwar rechtzeitig angehört, stellt sich aber erst nach dem 5. Mai 2015 heraus, dass B gefahren ist, sind sowohl A als auch B aus dem Schneider: A, weil er es nicht war, und B, weil ihm gegenüber Verjährung eingetreten ist.

4. Wenn am 19. April 2015 ein Bußgeldbescheid erlassen worden war, verjährt die Ordnungswidrigkeit nunmehr erst mit Ablauf des 18. Oktober 2015, sechs Monate später.

5. Entscheidet das Amtsgericht am 18. Oktober 2015, den Betroffenen zum 14. März 2016 zur Hauptverhandlung zu laden, beginnt die Verjährungsfrist am 18. Oktober 2015 neu zu laufen und endet nunmehr mit Ablauf des 17. April 2016. Wann der Betroffene die Ladung erhält, ist unerheblich.

6. Wenn jetzt z. B. der Richter krank wird und rechtzeitig vor Ablauf der neuen Verjährung, z. B. am 15. April 2016, einen neuen Termin für den 13. Oktober 2016 bestimmt (neues Verjährungsende: 14. Oktober 2016) und wenn er dann auch diesen Termin wieder aufhebt, weil z. B. ein wichtiger Zeuge krank geworden ist, und rechtzeitig vor Ablauf des 14. Oktober 2016, z. B. am 13. Oktober 2016, einen neuen Termin für den 3. Februar 2017 (Freitag) bestimmt und wenn an diesem Tag wieder keine Verhandlung stattfinden kann, weil das Land im Schneechaos versunken ist, dann ist der Betroffene endgültig aus dem Schneider. Denn mit Ablauf des 5. Februar 2017, zwei Jahre nach der Tat, ist die Ordnungswidrigkeit absolut und endgültig verjährt. Und am Sonnabend (4. Februar 2017) oder Sonntag (5. Februar 2017) würde kein Richter freiwillig arbeiten.

Wichtige Ausnahme: Sobald einmal ein Urteil gesprochen wurde, ist die Verjährung für immer ausgeschlossen. Es würde also z. B. nichts nützen, nur deshalb Rechtsbeschwerde gegen ein Urteil einzulegen, um das Verfahren so (durch eine Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung an das Amtsgericht) über die 2-Jahres-Grenze zu schleppen.